Wirkung und Zusammenhang - Goethe - Relation
Alle Wirkungen, von welcher Art sie auch seien, die wir in der Erfahrung bemerken, hängen auf die stetigste Weise zusammen, gehen ineinander über; sie undulieren von der ersten bis zur letzten. Dass man sie voneinander trennt, sie einander entgegensetzt, sie untereinander vermengt, ist unvermeidlich; doch musste daher in der Gesellschaft ein grenzenloser Widerstreit entstehen.
Starre alternativlose Pedanterie und verflößender Mystizismus bringen beide gleiches Unheil. Aber jene Tätigkeiten, von der gemeinsten bis zur höchsten, vom Ziegelstein, der vom Dach stürzt, bis zum leuchtenden Geistesblick, der dir aufgeht und den du mitteilst, reihen sich aneinander. Wir versuchen es auszusprechen:
Zufällt,
Mechanisch,
Physisch,
Chemisch,
Organisch,
Psychisch,
Ethisch,
Religiös,
Genial.
Ein Ziegelstein löst sich vom Dach los, wir nennen dies im gemeinen Sinn zufällig; er trifft die Schulter eines Vorübergehenden doch wohl mechanisch; allein nicht ganz mechanisch, er folgt den Gesetzen der Schwere, und so wirkt er physisch. Die zerrissenen Lebensgefäße geben sogleich ihre Funktion auf, im Augenblick wirken die Säfte chemisch, die elementaren Eigenschaften treten hervor.
Allein das gestörte organische Leben widersetzt sich und ebenso schnell versucht es sich wiederherzustellen; indessen ist das menschliche Ganze mehr oder weniger bewusstlos oder psychisch zerrüttet. Die sich wiederkennende Person fühlt sich ethisch im tiefsten verletzt, sie beklagt ihre gestörte Tätigkeit, von welcher Art sie auch sei, aber ungern ergibt sie sich in Geduld.
Religiös hingegen wird ihr leicht, diesen Fall einer höheren Schickung zuzuschreiben, ihn als Bewahrung vor größerem Übel, als Einleitung zu höherem Guten anzusehen. Dies reicht hin für den Leidenden; aber der Genesende erhebt sich genial, vertraut Gott und sich selbst und fühlt sich gerettet; ergreift auch wohl das Zufällige, wendet es zu seinem Vorteil, um den ewig frischen Lebenskreis fortzuführen.