Auf Reisen gehen – Kurt Tucholsky | AVENTIN Blog --

Auf Reisen gehen – Kurt Tucholsky

Auf Reisen gehen – Kurt Tucholsky – Erlebnisse
Auf Reisen gehen  

Auf Reisen gehen – Kurt Tucholsky – Erlebnisse


Ich hörte nachts die Lokomotiven pfeifen, sehnsüchtig schreit die Ferne, und ich drehe mich im Bett herum und denke: »Reisen…«

Also entwerfe ich am nächsten Tag meinen Reiseplan im großen, und lass mich im einzelnen von der bunten Stunde treiben. Die größte Sehenswürdigkeit, die es nun mal gibt, ist die Welt. Ich sehe sie mir an!

Was ist Reisen? Es gibt keine richtige Art, die Natur zu sehen. Es gibt hunderte. Es gibt für einen Menschen nicht nur eine richtige Art zu reisen; es gibt einige, die gerade adäquater sind als andere. Das ist alles.

Wind, der ins Gesicht schlägt, Rausch der Schnelligkeit, die Hupe, die die Straße zerteilt, durch einen Wagenpark hindurch schießen, auch dies ist Reisen.

Auf einem Esel sitzen, Stufe um Stufe einen Berg hinauf wackeln, das nasse Fell des Tieres mitleidsvoll von oben ansehen, aber nicht absteigen!

Blumen am Weg betrachten und nach hinten zwei Ohren, die sich ab und zu hochstellen und nach hinten legen, wenn etwas Außergewöhnliches heran kommt, langsam die Gegend passieren, ohne sich anzustrengen -: auch dies ist Reisen.

Man sollte die kleinen Schwierigkeiten einer Reise nicht so wichtig nehmen. Bleibst du einmal auf einer Zwischenstation sitzen, dann freue dich, dass du noch am Leben bist. Sieh dir nur die Hühner an und die ernsthaften Ziegen, und mach einen kleinen Schwatz mit dem Mann im Zigarrenladen.

Entspanne dich! Lass das Steuer los! Trudele durch die Welt! Sie ist so schön: gib dich ihr hin, und sie wird sich dir geben.

Auf Reisen gehen – Kurt TucholskyErlebnisse Reise Story

Autor*in: Kurt Tucholsky

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    Ich hörte nachts die Lokomotiven pfeifen, sehnsüchtig schreit die Ferne, und ich drehe mich im Bett herum und denke: »Reisen…« Also entwerfe ich am nächsten Tag meinen Reiseplan im großen, und lass mich im einzelnen von der bunten Stunde treiben.