Herde und Schafe
Herde und Schafe – Mündigkeit – Gesellschaft
Ein mündiger Bürger unserer Gesellschaft sollte kein Schaf in einer blökenden Herde, sondern eine selbst denkende, aus innerem Antrieb heraus tatkräftig handelnde und verantwortungsvolle Person ohne Vorurteile sein. Sie sollte im Prinzip alles in Frage stellen und nicht alle veröffentlichten Meinungen, Ansichten und Deutungen ungeprüft übernehmen. Selbst zu denken, eigene Erfahrungen zu machen und nur gelten zu lassen, was als wahr erkannt wird, zeichnen sie aus.
Medien sind sehr wirksame Meinungsbildner und haben daher auch einen entsprechend großen Einfluss auf uns Menschen. Vorgegebene Deutungsrahmen aber, die vom Konsumenten gerne unreflektiert übernommen werden, stellen unsere Vorstellungen von Wahrheit, Identität und Selbstbestimmung in Frage. Umso wichtiger ist es daher, sich der Techniken, die hierbei zur Anwendung kommen, bewusst zu werden, wann immer öffentliche Meinungen vertreten, gelenkt oder breit unters Volk gestreut werden.
Kognitionswissenschaftler führen hierbei gerne das Beispiel von der Schafherde und dem Hirten an, unabhängig davon, ob die Schafe nun blöken oder die Lämmer nur schweigen. Das Bild der Herde und des dazugehörigen Hirten aber scheint, losgelöst von jeder Glaubenslehre, Vorstellungen im Menschen anzuregen, die es Meinungsmachern ermöglicht, uns sowohl in gesellschaftlicher als auch in politischer Hinsicht simpel zu lenken und zu leiten.
Der Hirte einer Schafherde ist aber, bei genauerer Betrachtung, nicht nur dem Wohl der Schafherde, sondern auch dem Wohl des Herdenbesitzers verpflichtet. Was nicht heißen soll, dass ihm die Schafherde gänzlich egal sei. Das Beispiel dient lediglich dazu, den Status von Macht zu rechtfertigen. Eine große Gemeinschaft wird hierbei aber gedanklich zur Herde gemacht und die ideologische Konstruktion tut ihr übriges, nicht nur die Gemeinschaft, sondern auch jedes einzelne Mitglied zu entmündigen.
Zudem wird der Eigennutz der Vorstände und Führungskräfte verschleiert und eine Grundlage geschaffen, die eine kategoriale Unterscheidung von Gemeinschaft und Eliten nicht mehr gewährleistet. Ein völlig undemokratischer Zustand also. Nur alle paar Jahre einen gekennzeichneten Wahlschein abgeben zu dürfen, erscheint vielen Bürgern als zu wenig. Ein gewisses Spannungsverhältnis zwischen den unterschiedlichen Bedürfnissen und Interessen der Herrschenden und der zu lenkenden Gemeinschaft stellt sich zusätzlich ein.
Führungskräfte sind naturgemäß bestrebt, ihren Status zu stabilisieren und zu festigen. Das Freiheitsbedürfnis des Einzelnen wird hier nebenbei nur mit einem Surrogat gestillt. Demokratiemanagement, Ideologieproduktion, Demokratierhetorik und Meinungs- und Affektmanipulation sind ihre Schlagworte.
Ein mündiger Bürger sollte daher immer bestrebt sein, ein wandelndes Fragezeichen zu sein.
Herde und Schafe – Mündigkeit – Gesellschaft - Essay
Autor*in: N. N.
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Ein mündiger Bürger unserer Gesellschaft sollte kein Schaf in einer blökenden Herde, sondern eine selbst denkende, aus innerem Antrieb heraus tatkräftig handelnde und verantwortungsvolle Person ohne Vorurteile sein. Sie sollte im Prinzip alles in Frage stellen und nicht alle veröffentlichten Meinungen, Ansichten und Deutungen ungeprüft übernehmen. Selbst zu denken, eigene Erfahrungen zu machen und nur gelten zu lassen, was als wahr erkannt wird, zeichnen sie aus.