Das Lemming Syndrom - Satire | AVENTIN Blog --

Das Lemming Syndrom - Satire

Das Lemming-Syndrom – Lorenz Keiser – Satire
Das Lemming-Syndrom  

Das Lemming-Syndrom – Lorenz Keiser – Satire 


Das Lemming-Syndrom ist eine ernste Infektionskrankheit und in seinen Auswirkungen auf den Betroffenen nicht zu unterschätzen.

Von Prof. Dr. Dr. Otto Reiser 1964 erstmals beschrieben, hat es sich seither ständig ausgebreitet und befällt Jahr für Jahr epidemieartig die meisten Gebiete von Mittel- und Nordeuropa sowie die Vereinigten Staaten und Japan.

Vom Lemming-Syndrom befallene Personen unterscheiden sich im Frühstadium ihrer Krankheit überhaupt nicht von Gesunden, was die sichere Diagnose besonders erschwert. Im fortgeschrittenen Stadium erkennt man die europäische Art an starker Transpiration sowie an der unübersehbar krebsroten Haut.

Die japanische Form ist dagegen von einem Fotoapparat und einem entnervenden Lächeln begleitet, während der amerikanische Lemming meist in großkarierten Shorts und Sonnenhut auftritt. So unterschiedlich die Erscheinungsformen dieses rätselhaften Leidens sind, so ähnlich ist doch überall sein Verlauf.

Die vom Lemming-Syndrom Befallenen sammeln sich an bestimmten Tagen wie abgesprochen an Flugplätzen, Bahnhöfen oder Autobahnraststätten, setzen sich in großen Hundertschaften eng zusammen und wählen oftmals einen Anführer, der meist eine Frau ist und eine hellblaue Uniform trägt. Anschließend zwängen sie sich in Flugzeuge, Eisenbahn Busse oder Autos, die eigens zu diesem Zweck gemietet wurden, und fliegen oder fahren wie gebündelte Zugvögel gegen Süden.

Trotz seines bereits stark gestörten Verhaltens kann man nicht daran vorbeisehen, dass der Erkrankte bis zu diesem Zeitpunkt durchaus noch ein Mensch ist. Die Verwandlung zum Tier findet aller Wahrscheinlichkeit nach erst während des Fluges oder der Fahrt statt. Dann jedoch innerhalb kürzester Zeit und mit letzter Konsequenz.

Kaum am Bestimmungsort angekommen, begeben sich die Lemminge in kasernenähnliche Gebäude, die zur Kaninchenhaltung nicht ungeeignet scheinen, nehmen zwei- bis dreimal täglich vorzügliche Hundenahrung zu sich und lassen sich dann vor ihren Käfigen, in Zwölferreihen ausgerichtet, wie Spanferkel braten.

Anschließend stürzen sie sich ins Meer!

Die einzigen Unterschiede zum echten Lemming (lemmus lemmus) bestehen darin, dass die vom Lemming-Syndrom Mutierten (lemmus charter und lemmus holidays) für die ganze Aktion Geld bezahlen und dass sie nach zwei bis drei Wochen regelmäßig, von Ausnahmen abgesehen, an ihren Heimatort zurückkehren, wobei sämtliche Krankheitssymptome zusammen mit der unnatürlich gefärbten Haut wie Schuppen von ihnen abfallen.

Das MAX-NECKERMANN-INSTITUT, MANNHEIM hat in einer umfangreichen Studie gezeigt, dass, obwohl es sich beim Lemming-Syndrom um eine typische Sommerkrankheit handelt, die Infektion mit demselben bereits lange vor den Sommermonaten stattfindet. Man spricht hier von einer prolongierten Inkubationszeit oder einem Apex-Fall.

Einen besonderen Gefahrenherd bilden bei der Ansteckung die im Januar oder Februar verschickten Reiseprospekte. Beim Anblick dieser Prospekte sollen labile Menschen leicht in eine tranceartige Verzückung geraten, wobei sie der Versuchung, mutwillig in die Arrangement-Falle (Trappe Mediterranée) zu tappen, nicht widerstehen können. Das erstaunlichste scheint mir dabei, dass diese Menschen sogar bereit sind, für den Lemmingzug ihre Ferien zu opfern.

Wie anderswo auch gilt hier deshalb in ganz besonderem Maße:
– Infektionsherde vermeiden!
– Keine unadressierte Post lesen!
– Buchungswillige sofort isolieren!

Eine der Hauptgefahren des Lemming-Syndroms bilden nicht zuletzt auch die vielen Folgekrankheiten, die man sich beim Aufenthalt an fremden Orten zuziehen kann. Aufzuzählen wären hier Durchfall, Gelbsucht, Malaria, Taxifahrten und andere Beraubungen sowie Typhus, Diphtherie und Cholera.

Der Gerechtigkeit halber muss allerdings gesagt werden, dass diese Krankheiten von Zeit zu Zeit auch den paläozoisch Alleinreisenden befallen können.

Das Lemming-Syndrom – Lorenz KeiserSatire

Autor*in: Lorenz Keiser

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    Das Lemming-Syndrom ist eine ernste Infektionskrankheit und in seinen Auswirkungen auf den Betroffenen nicht zu unterschätzen. Von Prof. Dr. Dr. Otto Reiser 1964 erstmals beschrieben, hat es sich seither ständig ausgebreitet und befällt Jahr für Jahr epidemieartig die meisten Gebiete von Mittel- und Nordeuropa sowie die Vereinigten Staaten und Japan.