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Körper - Ausdruck der Seele

Körper als Ausdruck der Seele – R.M.F – Alltagspsychologie
Körper - Ausdruck der Seele   

Körper - Ausdruck der Seele – R.M.F – Alltagspsychologie 


Von der Seele des Menschen sprachen wir, ihrer Struktur, ihren Trieben und Anlagen, und doch könnte jemand behaupten, dass wir von der Seele wie die Blinden von der Farbe redeten, da doch niemand eine Seele je gesehen oder getastet habe.

Weiter könnte behauptet werden, dass die Seele, falls überhaupt vorhanden, doch im Dunkeln der knochenumschlossenen Hirnschale hause und uns ewig unzugänglich sei. Denn öffneten wir die Schädeldecke, so seinen Leben und Seele bereits entwichen!

Wir erwidern darauf, dass es nicht nötig ist, die Schädeldecke zu sprengen, um die Seele zu sehen, dass wir vielmehr überall Seele sehen: in jedem Lächeln, jeder Handbewegung, jedem Blick und jedem Schritt offenbart sich die Seele. Ja sie redet gleich einem Echo auch aus toten Dingen, die uns umgeben, aus den Kleidern, die wir tragen, aus den Möbeln unserer Wohnung und aus den Straßen unserer Städte.

Man muss nur Ohren haben für die Sprache der Seele, diese Sprache, die oft Kinder besser verstehen als Erwachsene, diese Sprache, deren Grammatik niemand geschrieben hat, diese Sprache ohne Worte, die wir alle unablässig sprechen, oft ohne es zu ahnen, ja mitunter auch gegen unseren Willen.

Es soll hier keine ausführliche Grammatik dieser Sprache der Seele geschrieben, sondern nur ein wenig versucht werden, den Sinn auf sie zu richten.

Schon einmal haben wir die Meinung derer zurück gewiesen, die da glaubten, die Seele wohne im Körper wie ein Dachs in seinem Bau oder ein Kern in einer Zwetschge. Nicht weniger töricht ist die Meinung derer, die im Körper eine Art Gefängnis der Seele sehen, mit dem sie so wenig zu tun hat, wie ein Adler mit einer Klippe, auf der er sich für eine Sekunde niederlässt.

Für uns sind Körper wie Seele Formen des in ihnen beiden sich auswirkenden einheitlichen Lebens, und wenn wir auch niemals sagen, der Körper sei Seele oder die Seele sei Leib, so wissen wir doch, dass das gleiche Leben, das sich aufleuchtend im Bewusstsein als Seele offenbart, zugleich als Bewegung des Körpers in Erscheinung tritt.

Um ein Gleichnis (ich betone: ein Gleichnis) zu gebrauchen: wie derselbe Strahl sich einerseits als Wellenbewegung des Kosmos und andererseits als Licht offenbart.

Daher ist es nicht sinnlos zu sagen, dass die Seele bis in die Fingerspitzen hinein rage, wie es nicht sinnlos ist zu sagen, dass der Geist Fleisch wurde, wobei wir unter Fleisch nicht solches Fleisch verstehen, wie es Metzger kiloweise verkaufen.

Wer da glaubt, den lebendigen Menschen in Körper und Seele einteilen zu können, der zerstört eine letzte unfassbare Einheit, wie ja auch ein in Kopf und Rumpf zerschnittener Mensch auch kein Mensch mehr ist, sondern eine zerstückelte Leiche.

Ein Mensch ist uns nur der lebendige oder, wenn man so will, der beseelte Körper, und die Seele kennen wir nur als sich offenbarend im Leben des Körpers oder durch den Körper hinaus wirkend in die Umwelt.

Und die Seele offenbart sich immer, selbst noch im Schlaf, wenn auch hier weniger deutlich. Sie kann gar nicht anders, als sich körperlich offenbaren; denn die körperlichen Bewegungen sind so notwendig für das Leben der Seele wie die Schwingungen der Saiten eines Instruments für das Ertönen einer Sonate.

Daher braucht es kein besonderes Organ, um die Seele wahrzunehmen. Wir sehen sie im Zucken des Menschen oder im Augenaufschlag, wir hören sie im Ton der Stimme oder im Schritt der Füße. Wie fühlen sie am Zittern der Hand des Freundes oder der Freundin, die in der unseren ruht.

Freilich mit der Netzhaut allein sehen wir sie nicht, noch hören wir sie mit dem Trommelfell, es gehört Seele dazu, um Seele wahrzunehmen, eine Seele, die wieder in einem Körper lebt.

Es ist ebenfalls als Gleichnis anzusehen, wenn wir sagen, dass nur dann ein anderes Herz verstanden wird, wenn das eigene den gleichen Rhythmus pocht und dass nur der Mensch die Träne des anderen ganz versteht, dem selbst ein Träne aufsteigt.

Wir sind gleichsam (ich betone: gleichsam) empfindliche Antennen, die jene drahtlosen Kundgebungen auffangen, die zugleich mit Luft- und Ätherwellen in uns übergehen, wenn wir andere hören oder sehen. Diese Kundgebungen teilen sich uns mit und realisieren sich in uns, wie die Saite einer Laute an der Wand zu klingen beginnt, wenn im Zimmer gleichgestimmte Saiten angeschlagen werden.

Wir senden mit unserem Körper nicht nur selbst unablässig Signale in die Welt, unser Körper ist auch ein Resonator, der beständig solche von anderen Körpern ausgehende Signale aufnimmt.

In diesem doppelten Sinn betrachten wir den Körper als »Instrument der Seele«.

Körper als Ausdruck der Seele – R.M.F – Alltagspsychologie - Psychologie

Autor*in: R.M.F

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    Von der Seele des Menschen sprachen wir, ihrer Struktur, ihren Trieben und Anlagen, und doch könnte jemand behaupten, dass wir von der Seele wie die Blinden von der Farbe redeten, da doch niemand eine Seele je gesehen oder getastet habe.