Affen als Gärtner - Fabel aus Indien | AVENTIN Blog --

Affen als Gärtner - Fabel aus Indien

Affen als Gärtner – Fabel aus Indien
Affen als Gärtner 

Affen als Gärtner – Fabel aus Indien 


Einst herrschte in Benares (Indien) ein mächtiger König. Als ihm ein Sohn geboren wurde, ließ er ein großes Fest feiern. Vom ersten Trommelschlag an, als das Fest verkündet wurde, lebte jeder Mann, jede Frau und jedes Kind in der Stadt nur noch in der Vorfreude auf die Herrlichkeiten, die zu erwarten waren. Nur der Aufseher der königlichen Gärten, ein junger Mann, war niedergeschlagen. »Ich werde den ganzen Tag gießen müssen und nichts von all den Wundern erleben dürfen«, dachte er bei sich. Aber dann kam ihm ein guter Gedanke – wie er dachte!

Im königlichen Park lebten nämlich viele Affen, und der Gärtner ging zum Anführer des Affenvolkes und bat ihn mit den Worten: »Häuptling der Affen, seit vielen Jahren wohnt dein Volk in diesem Garten, und niemand hat euch je etwas zuleide getan. Ich bitte euch daher, mir ein einziges Mal zu helfen! In der Stadt wird nämlich morgen ein großes Fest gefeiert, doch ich kann nicht fortgehen, weil die jungen Bäumchen hier und die vielen Blumen Wasser brauchen. Ich bitte dich deshalb, lieber Häuptling der Affen, veranlasse morgen, dass die Bäumchen und die Blumen hier im Park von deinen Leuten gegossen werden.«

Der Anführer der Affen antwortete würdevoll: »Das wollen wir gerne für die tun.«
»Macht es aber ordentlich!« bat der junge Mann. »Gießt jedes Bäumchen und jede Blume, seid aber nicht zu verschwenderisch mit dem Wasser.«

Nachdem der Gärtner am nächsten Tag auf das Fest gegangen war, stürzten sich die Affen sogleich lärmend und kreischend auf die Gartenschläuche und Wasserkübel, und verschütteten eine Menge Wasser, bevor noch ein Bäumchen oder eine Blume einen Tropfen davon abbekommen hatte.

»Ihr Affen«, rief da der Häuptling, »wir müssen mit dem Wasser sparsam sein und dürfen es nicht verschwenden. Reißt daher alle jungen Bäumchen aus und seht euch die Wurzeln genau an. Wenn die Wurzeln lang sind, dann gießt viel Wasser darauf. Wenn sie nur kurz sind, könnt ihr weniger davon verwenden, sonst reicht das Wasser nicht für den ganzen Garten.«

In der Stadt Benares lebte auch ein alter und weiser Mann, der sich nichts aus dem Fest, dem Lärm, dem Trubel und den tanzenden und singenden Menschen machte. Dieser alte und weise Mann ging, in Gedanken versunken, nun an den königlichen Gärten vorbei und sah, wie die Affen die Blumenbeete verwüsteten und die jungen Bäumchen ausrissen. »Was tut ihr da?« rief er ihnen zu. »Ihr zerstört ja die ganze Pracht der Blumen und diese jungen Bäumchen werden wohl nie wieder Wurzeln schlagen.«

»Siehst du nicht, dass wir gießen«, schnatterten ihm die Affen entgegen. »Unser Anführer hat es so befohlen. Und wenn wir nicht wären, würden wohl alle Pflanzen hier im Garten verdursten!« Und schon lagen viele welke Blumen und Bäumchen mit vertrockneten Wurzeln am Boden.

Der alte weise Mann schüttelte nur noch den Kopf, und nachdem er noch mehrmals vergeblich versucht hatte, die Affen von ihrem Zerstörungswerk abzuhalten, ging er weiter und dachte bei sich: ‘Wenn dieses närrische Volk einmal etwas Nützliches tun will, stiftet es doch nur Schaden. So geschieht es leider auch bei den Menschen. Viele Toren gibt es, die das Gute zerstören, während sie glauben, recht nützlich zu sein‘.

Affen als GärtnerFabel aus Indien

Autor*in: Fabel aus Indien

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    Einst herrschte in Benares (Indien) ein mächtiger König. Als ihm ein Sohn geboren wurde, ließ er ein großes Fest feiern. Vom ersten Trommelschlag an, als das Fest verkündet wurde, lebte jeder Mann, jede Frau und jedes Kind in der Stadt nur noch in der Vorfreude auf die Herrlichkeiten, die zu erwarten waren. Nur der Aufseher der königlichen Gärten, ein junger Mann, war niedergeschlagen. »Ich werde den ganzen Tag gießen müssen und nichts von all den Wundern erleben dürfen«, dachte er bei sich. Aber dann kam ihm ein guter Gedanke – wie er dachte!